Kooperationsaufbau - Checkliste
Beim Aufbau von Kooperationen gibt es grundsätzlich 2 verschiedene Fälle:
- kleinere, inhaber*innengeführte Betriebe, bei denen der/die Geschäftsleiter*in selbst über eine Kooperation entscheiden kann
- Filialen einer Betriebskette, die aus mehr als 3 Filialen besteht: bei solchen müssen die Verhandlungen für eine Kooperation mit der zentralen Geschäftsleitung geführt werden
Ein Bezirk kann eigenständig nur im Fall 1 eine Kooperation aufbauen.
Im Fall 2 dürfen die Verhandlungen nur von der Gruppe Betriebsketten geführt werden, an die man sich für den Aufbau einer solchen Kooperation wenden kann.
Vor dem Kooperationsaufbau
Vor dem Aufbau einer Kooperation solltest du dir über folgende Punkte klar sein:
- Wenn du eine Kooperation aufbaust, bist du verantwortlich dafür, sie auch als Betriebsverantwortliche*r zu pflegen (eventuell mit anderen zusammen) und ein Abholteam aufzubauen.
- Es ist wichtig, dass du dich mit der Thematik Lebensmittelproduktion und -Verschwendung auseinandersetzt, damit du sie gut erklären, Fragen beantworten und bewusst handeln kannst. Dafür gibt es z.B. das Dokument Kontext und Selbstverständnis.
Vorbereitungen
- Schau auf der Karte, ob der Betrieb schon eingetragen ist. Dazu musst du rechts "Betriebe" anklicken und dann den Haken bei "Alle Betriebe" setzen.
- Falls ja, dann finde heraus, ob sich schon jemand um den Betrieb kümmert, und sprich dich ggf. mit der Person ab.
- Falls nein, dann trage ihn (vor dem ersten Kontakt mit dem Betrieb) in die Betriebsliste ein (Bezirke - <Bezirk> - Betriebe), damit eine Betriebsseite entsteht und dort alle Infos gesammelt werden können.
- Sprich die Idee mit dem/der zuständigen Botschafter*in ab, bevor du Kontakt mit dem Betriebe aufnimmst. Er/sie kann noch einiges prüfen, was evtl. gegen eine sofortige Kontaktaufnahme spricht, z.B.: noch zu wenige Foodsaver, zu kleines Abholteam, zu wenige Verteilmöglichkeiten, Betrieb gehört zu Betriebskette, ...
Team aufbauen
- Für eine gute und verlässliche Kooperation ist ein Betriebsteam mit genügend zuverlässigen Foodsavern nötig.
- Das Team sollte groß genug sein, um auch Krankheitsfälle und Urlaubszeiten ausgleichen zu können.
- Aus dem gleichen Grund sollte es mindestens 2 Betriebsverantwortliche geben.
- Die Mindestgröße des Teams hängt natürlich von der Anzahl der Abholungen pro Woche und der typischen Abholmenge ab.
- Eventuell kann man die Foodsaver fragen, wie oft sie voraussichtlich Abholungen machen wollen, und daraus berechnen, ob das Team groß genug ist.
Vorbereitung der Kontaktaufnahme
Beim ersten Gespräch mit dem Betrieb ist es wichtig, gut vorbereitet zu sein. Der Betrieb muss genau und ausführlich über foodsharing informiert werden. Außerdem sollte man Vertrauen aufbauen, dass foodsharing ein zuverlässiger und unkomplizierter Partner für den Betrieb ist. Das macht es für Betriebe leichter, sich für eine Kooperation mit foodsharing zu entscheiden.
Unterlagen vorbereiten
- Foodsaver-Ausweis und Foodsaver-Visitenkarte (über die Plattform generierbar)
- auf den Bezirk angepasstes Dokument über die Ziele von foodsharing (Grundlagentexte findest Du im Wiki)
- Informationen für Spenderbetriebe: |Vorteile, Hintergründe, Kontakte
- Rechtsvereinbarung
- Flyer von foodsharing
- Seriösität vermittelnde Zeitungsartikel mit Positiv-Beispielen (siehe z.B. Medienberichte)
- ggf. noch mehr Hintergrund-Informationen
Der Kooperationsaufbau
Der Erstkontakt
Das erste Gespräch führts du am besten persönlich mit der/dem Geschäftsleiter*in. Diese sind meist vormittags im Laden. Falls kein*e Geschäftsleiter*in da ist, frage nach der besten Zeit für ein Gespräch und versuche es dann erneut bzw. mache telefonisch einen Termin aus. Nimm immer alle Unterlagen mit.
Sollte kein Treffen gewünscht sein bzw. lässt sich kein Termin finden, bleibe trotzdem höflich und schicke per Mail die gewünschten Informationen zu. Biete an, bei Unklarheiten gerne persönlich vorbei zu kommen.
Ihr könnt dafür folgendes Material verwenden:
Beginn des Gesprächs
- als Mitglied von foodsharing vorstellen, Ausweis zeigen, foodsharing kurz erklären → vermittelt Seriosität, Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit.
- Idee/Konzept/Selbstverständnis des Lebensmittelrettens kurz darstellen.
Derzeitige Situation erfragen
- Was geschieht mit den aussortierten Waren? Gibt es schon Kooperationen mit anderen Organisationen?
- Wann wird von wem abgeholt, und gibt es Tage, an denen noch nicht abgeholt wird?
- Wird alles an anfallenden Lebensmitteln abgeholt, z.B. auch Produkte über MHD und Molkereiprodukte? (Die Tafel zum Beispiel holt diese Produkte nicht ab.)
- 'Wichtig: Die Foodsaver sehen sich nicht in Konkurrenz zu den Tafeln, sondern als Ergänzung. Ziel ist, dass keine genießbaren Lebensmittel weggeworfen werden.
- Der Umgang mit den Mitarbeitenden sollte immer freundlich sein. Wir stellen klar, dass wir niemandem etwas wegnehmen wollen oder mit jemanden in Konkurrenz treten wollen.
Vorteile für den Betrieb erklären
Siehe Die Vorteile für den Lebensmittelspenderbetrieb.
- Geld- und Arbeitskraftersparnis für die Entsorgung
- unsere Flexibilität: wir können auch am Wochenende abholen oder bei Ausfall der Tafeln etc. einspringen.
- Wir holen alle noch genießbaren Lebensmittel ab: auch Lebensmittel nach dem MHD, offene Packungen usw.
- keine rechtlichen Risiken durch Haftungsausschluss/Rechtsvereinbarung
- Imagegewinn für Betrieb
So wird die Kooperation aussehen
- Der Abholrhythmus wird mit der jeweiligen Geschäftsleitung abgesprochen, wir richten uns nach den Wünschen der Geschäftsleitung. Ideal sind feste Tage und Zeiten mit 100%iger Abholquote, um Sicherheit und Regelmäßigkeit für Lebensmittelspenderbetrieb und Foodsaver zu erreichen. Die Kooperation baut auf Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit.
- Die/der Betriebsverantwortliche ist als Ansprechpartner*in für die Kommunikation mit der Filiale und die zuverlässige Abholung zuständig.
- Die Foodsaver erklären sich bereit, die vom Supermarkt bereitgestellten, aussortierten Lebensmittel selbstständig in noch-essbare und nicht-mehr-essbare zu sortieren und die verdorbenen Lebensmittel sowie die anfallenden Verpackungen, Kartons, Papiere etc. sachgerecht in den Supermarkt-Mülltonnen oder bei sich zu Hause zu entsorgen.
- Die noch-essbaren Lebensmittel nehmen die Foodsaver rückstandslos mit.
- Die Foodsaver übernehmen die Verantwortung für die Lebensmittel und kümmern sich um eine sinnvolle Weiterverteilung. Möglichkeiten der Weiterverteilung sind: direkt an Bekannte (siehe auch Aushang_für_die_Nachbarschaft, Fair-Teiler, soziale Einrichtungen, die Bahnhofsmission, Flüchtlingscamps, Volksküchen etc. Die Foodsaver können sich mit ihrem Ausweis identifizieren.
- Die Lebensmittel werden grundsätzlich nicht vor den Augen der Kunden aussortiert und aufgeteilt! Meist möchte der Koperationspartner keine besondere Aufmerksamkeit auf das Abholen lenken. Die abholenden Foodsaver treffen sich vor dem Abholtermin und gehen dann gemeinsam in den Betrieb, um nicht unorganisiert zu wirken.
- Es gehen nicht mehr Foodsaver in den Laden als mit dem Betrieb abgesprochen. Die Lebensmittel werden dann abgeholt und je nach Wunsch des Betriebs außer Sichtweite des Betriebs oder der Kundschaft aussortiert und aufgeteilt.
Das Infomaterial wird bei Interesse überreicht, vorgezeigt und/oder bei Interesse im Anschluss per Email übersendet.
Wenn die Betriebe Bedenken äußern oder nicht kooperieren wollen, kann man andere Positiv-Beispiele vorstellen, d.h. Betriebe, mit denen wir eine Kooperation haben.
Wir sollten unsere Argumente freundlich und ohne Vorwurfscharakter, Druck oder Anspruchshaltung deutlich machen. Wir sollten eher darauf abzielen zu informieren, nicht die Gesprächspartner*innen zu überreden . So ist die Chance am größten, eine Einwilligung erreichen.
Nach dem Erstkontakt
- Betrieb aktualisieren: Alles Besprochene wird auf die Teamseite des Betriebs geschrieben (unter Besonderheiten oder Pinnwand) und der Status (kooperationsbereit, noch in Verhandlungen, nicht bereit zu spenden usw.) eingetragen. So können alle aus deiner Region sehen, welche Betriebe bereits angesprochen worden sind.
- Wenn vereinbart: Schicke der Geschäftsleitung eine Email mit den Infos über die Kooperation (Vorlage: Informationen für Spenderbetriebe: Vorteile, Hintergründe, Kontakte).
Kooperationspflege
Kommunikation mit der Filiale
- Sorge für einen guten Draht und gute Kommunikation zwischen dem teilnehmenden Betrieb und den Foodsavern deines Teams.
- Bei wichtigen Dingen, Vorfällen, Wünschen usw. solltest du die Kommunikation mit der Geschäftsleitung suchen.
- Wenn du Verschwendung von Lebensmitteln in einem Betrieb beobachtest, dann solltest du das micht in Form von Kritik ansprechen, sondern als konstruktiven Verbesserungsvorschlag - und auf jeden Fall den richtigen Moment abwarten. Du kannst zum Beispiel Vorschläge zur Müllreduzierung machen, den Verkauf zu reduziertem Preis empfehlen oder darauf hinweisen, dass ein bestimmtes Produkt häufig und in großer Menge aussortiert wird.
Kommunikation mit und zwischen den Foodsavern deines Teams
- Achte darauf, dass eine 100%-Abholquote erreicht wird. Du trägst dafür Sorge, dass vereinbarte Abholzeiten und Abmachungen eingehalten werden.
- Falls du mal keine Zeit hast und nicht zeitnah für deine Teammitglieder erreichbar sein kannst, dann sorge für eine Vertretung, die die Kommunikation in deiner Abwesenheit übernimmt.
- Sorge dafür, dass es eine vollständige Transparenz gibt: kommuniziere alle Besonderheiten oder Probleme beim Abholen über die Pinnwand der Teamseite, so dass sie alle Abholenden mitbekommen.
- Informationen, die bei deinem Betrieb dauerhaft gelten, gehören in die Besonderheiten in der rechten Spalte.
- Wenn es in deinem Team Menschen gibt, die du nicht kennst, dann kann es sinnvoll sein, mit ihnen Kontakt aufzunehmen, bevor sie das erste Mal bei dem Betrieb abholen. Du bist dafür verantwortlich, dass sie über alle Spielregeln und Besonderheiten informiert sind. Falls Foodsaver-Neulinge dabei sind, dann hilf mit, diese einzuarbeiten.
- Du bist dafür verantwortlich, dass Abholungen diskret verlaufen, damit keine unangenehmen Situationen für den Betrieb entstehen. Das heißt, dass die Abholungen und die Aufteilung der Lebensmittel möglichst nicht in Sichtweite der Kundschaft geschehen (je nach Wunsch des Betriebs).
- Die Gruppenzusammensetzung sollte im Idealfall stabil sein. Um eine vertrauensvolle, langfristige Beziehung mit einer Filiale aufzubauen, ist eine Kontinuität der Abholenden wichtig. Alle Foodsaver in der Gruppe sollten aktiv sein, und Karteileichen sollten vermieden werden.
- Den Pfand für volle Pfandgläser, die die Foodsaver mitnehmen, übernehmen die Foodsaver selbst (falls der Betrieb dies verlangt).
Wenn es mal kriselt
- Wenn eine Kooperation gefährdet ist, dann suche unbedingt den Kontakt zu deinem/r Botschafter*in und bitte um Hilfe. Bei ernsthaften Konflikten kannst du gemeinsam mit dem/der Botschafter*in auch den foodsharing e.V. um Hilfe bitten: info@lebensmittelretten.de.
- Wenn du dir Unterstützung bei der Leitung der Kooperation wünschst oder du die Verantwortung ganz abgeben möchtest, helfen dir Deine Botschafter*innen, Ersatz zu finden.
- Nutze die Gelegenheit, auf den Bezirkstreffen Erfolgs- und Misserfolgsgeschichten deiner Kooperation zu besprechen.