Mindesthaltbarkeitsdatum und Verbrauchsdatum

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Das Mindesthaltbarkeitsdatum gilt für sehr viele Menschen in unserer Gesellschaft (vielleicht sogar für die meisten) als beste Entscheidungshilfe dafür, ob ein Lebensmittel noch essbar ist oder nicht. Selbst die Bundesregierung hat bis vor kurzem empfohlen, Lebensmittel nur kurz nach dem MHD weiterzugeben.

Und dabei hat das Mindesthaltbarkeitsdatums mit der Haltbarkeit eines Lebensmittels gar nichts zu tun. Als Kriterium für die Essbarkeit ist es also komplett unbrauchbar.

Was steckt dahinter? Was ist das MHD in Wirklichkeit? Und warum ist es wichtig, das MHD nicht mit dem Verbrauchsdatum zu verwechseln und das Verbrauchsdatum sehr ernst zu nehmen?
Dieser Artikel versucht eine Erklärung.



Mindesthaltbarkeitsdatum

Nach dem MHD ist das schlecht ?? Ein Mythos.

Wenn es darum geht, festzustellen, ob ein Lebensmittel noch genießbar ist oder nicht, dann ist das beliebteste Entscheidungskriterium das Mindesthaltbarkeitsdatum. Im Gegensatz zu allen anderen Möglichkeiten - für die man ein wenig oder manchmal auch eine ganze Menge Wissen über Lebensmittel benötigt - ist das Mindesthaltbarkeitsdatum scheinbar besonders einfach.

In Wirklichkeit aber kann man kaum mehr daneben liegen als mit der strikten Beachtung des Mindesthaltbarkeitsdatums. Denn das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) hat mit der Genießbarkeit eines Lebensmittels gar nichts zu tun. Das ist ein großer Mythos.

Was ist das Mindesthaltbarkeitsdatum ?

Auf Lebensmittelverpackungen steht fast immer ein Mindesthaltbarkeitsdatum (Ausnahmen siehe Abschnitt Rechtliche Grundlage). Es ist gekennzeichnet mit den Worten "Mindestens haltbar bis (Ende)", gefolgt von dem Datum oder von einer Angabe, wo auf der Verpackung das Datum zu finden ist.

Manchmal sind auch noch die Aufbewahrungsbedingungen angegeben. Das Mindesthaltbarkeitsdatum gilt nur, wenn diese Bedingungen kontinuierlich eingehalten werden. (Aber: was das Wort "gilt" in diesem Zusammenhang heißt, dazu siehe Abschnitt Und die Garantie?)
Die Angabe des MHD ist in der Europäischen Union vorgeschrieben ([1], Art. 9 (1) f)), ebenso in der Schweiz ([2], Art. 36 Abs 1d.).

Um zu verstehen, was das MHD wirklich bedeutet, ist es am besten, die gesetzlichen Vorschriften dazu kurz anzuschauen.

Rechtliche Grundlage

Die Pflicht zur Kennzeichnung bestimmter Lebensmittel (und auch ein paar anderer Stoffe wie Kosmetika) wird festgelegt durch die Verordnung Nr. 1169/2011 der EU ([1]). Der Text zum MHD ist aber sehr kurz. In der Verordnung steht lediglich, dass

  • die Angabe des MHD für Lebensmittel verpflichtend ist (Art. 9 (1) f))
  • bei "in mikrobiologischer Hinsicht sehr leicht verderblichen Lebensmitteln" statt dessen ein Verbrauchsdatum (VD) stehen muss (Art. 24 (1))
  • es einige Ausnahmen gibt, vor allem rohes, unverarbeitetes Obst und Gemüse außer Keimen und Sprossen, Getränke ab 10% Alkoholgehalt, frische Backwaren, und noch einige mehr (Anh. X.1d))
  • die Form des MHD präzise festgelegt ist (Anh. X.1a-c))

Entscheidend ist die Definition des Begriffs in Artikel 2 (2) r) :

"[ Es bezeichnet der Ausdruck ...] "Mindesthaltbarkeitsdatum eines Lebensmittels" das Datum, bis zu dem dieses Lebensmittel bei richtiger Aufbewahrung seine spezifischen Eigenschaften behält;"

Mehr steht dort im Wortlaut nicht.

Die "spezifischen Eigenschaften"

Die spezifischen Eigenschaften sind für jedes Lebensmittels einzeln festgelegt, aber oft nicht EU-weit, sondern in nationalem Recht. In Deutschland stehen sie im "Deutschen Lebensmittelbuch" ([3], [4]). Dort liest man dann zum Beispiel für Obst ([5]):

"Längenmaße können ... bei 10 % des Gesamtgewichtes ... bis zu 10 % vom Bezugswert abweichen" ([5], 1.3.3)

Das heißt zum Beispiel: 10% der Bananen dürfen bis zu 10% länger oder kürzer oder breiter oder schmaler ... sein als die Standard-Banane. Oder:

"Getrocknete Äpfel ... sind annähernd gleichmäßig geschnitten ... von typischer weißlicher bis gelber Farbe ... Geruch und Geschmack sind fruchtig, intensiv nach reifen Äpfeln, ... Sie haben eine feste, jedoch keine ledrig-zähe Textur." ([5], 6.1.1.2)

Das Mindesthaltbarkeitsdatum nennt also den Zeitpunkt, bis zu dem das Obst genau diese Farbe, diesen Geruch und diese Textur behält und auch nicht kleiner wird (zum Beispiel, wenn es schrumpelig wird).

Übrigens steht in der EU-Richtlinie "Zeitpunkt, bis zu dem das Obst ... behält" - nicht "voraussichtlich behält" oder "üblicherweise behält" ([1], Art. 2 (2) r)). Hoffentlich weiß das Obst das auch immer ...

MHD und Lebensmittelverschwendung

Man sieht gerade an allen eben zitierten Vorschriften deutlich: das MHD sagt, dass Lebensmittel danach eventuell etwas anders aussehen (heller, dunkler, andere Farbe), ein wenig anders riechen (z.B. weniger intensiv-fruchtig) oder weicher / härter sind als gewohnt. Nirgendwo kommen in diesem Zusammenhang Kennzeichen vor, die ein Lebensmittel als schlecht (ungenießbar) erweisen.
Das Mindesthaltbarkeitsdatum hat also mit Genießbarkeit rein gar nichts zu tun. (Im Unterschied zum Verbrauchsdatum, siehe den Abschnitt dazu!)

Schlauerweise wird das Mindesthaltbarkeitsdatum im Englischen angegeben als “best-before ...” - nicht etwa “good-before ...” - das Lebensmittel ist nicht nur gut, sondern in seinem bestmöglichen Zustand bis zu dem Datum.
Der deutsche Begriff "mindestens haltbar bis ..." ist also eigentlich irreführend und sollte besser heißen: "unveränderte Qualität bis ..." oder "perfekt bis ..." Die Begriffe sind allerdings auch in den meisten anderen EU-Sprachen in diesem Sinne irreführend gewählt, und die Hauptbezeichnung "Mindesthaltbarkeitsdatum" (statt etwa "Mindestqualitätsdatum" oder "Mindestperfektionsdatum") hat es sogar ins Englische geschafft als alternative Kennzeichnung "date of minimum durability".

Und die Garantie? Und wie lange?

Im Abschnitt Rechtliche Grundlage steht der vollständige (!) Gesetzestext für das Mindesthaltbarkeitsdatum. Darin tauchen nirgends die Worte Garantie, Gewährleistung oder Haftung auf. Auch das ist also ein Mythos: nämlich, dass ein Hersteller garantiert, dass ein Lebensmittel bis zum MHD die richtige Farbe, Größe usw. hat.
Hersteller geben keine Garantie - sie sagen höchstens den Zeitpunkt vorher oder schätzen ab. Verändert sich ein Lebensmittel vorher, dann kann man es oft aus Kulanz umtauschen; aber eine Verpflichtung dazu haben Hersteller oder Läden nicht.

Und es kommt noch wilder: Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben dazu, wie das MHD festgelegt wird. Hersteller können das MHD völlig frei wählen. (Einzige Ausnahme: rohe Eier dürfen ein MHD von höchstens 28 Tagen nach dem Legen haben ([19], Art. 13)).
Für die Festlegung des MHD gibt es zwar eine DIN-Norm (DIN-10968, [8]; inzwischen auch eine internationale Version als ISO 16779), die genaue Empfehlungen für die wissenschaftliche Ermittlung des MHD und der geeigneten Aufbewahrungsbedingungen nennt. Aber eine Norm ist kein Gesetz. Man kann sich an sie halten - aber man kann das MHD auch auf fantasievollere Arten festlegen.
Einen starken Einfluss hat vermutlich, dass Hersteller natürlich die Anzahl der Beschwerden möglichst gering halten wollen. Das kann dazu verführen, das MHD eher zu kurz als zu lang festzulegen. Außerdem steigert ein kurzes MHD natürlich den Absatz eines Produkts, weil viele Menschen die Produkte dann früher wegwerfen und neu kaufen.

MHD und Lebensmittelverschwendung - Fazit

Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist also ein hervorragendes Mittel, um die Lebensmittelverschwendung zu vergrößern:

  • Erstens "sortiert" es Lebensmittel schon aus, wenn ihre Farbe, Form, Größe, Geruch, Geschmack oder Textur sich ändern - unabhängig davon, ob diese Änderung wirklich bedeutet, dass ein Lebensmittel schlecht ist.
  • Zweitens können Hersteller versucht sein, das MHD eher kurz festzulegen, so dass Lebensmittel deutlich früher nicht mehr gegessen werden, als es eigentlich nötig wäre.
  • Drittens kommt hinzu, dass es Menschen ermöglicht, sich auf das MHD zu konzentrieren. Sie verzichten dann auf andere Mittel wie den Auge-Nase-Mund-Test oder darauf, mehr über Lebensmittel zu lernen; diese Hilfsmittel wären aber präziser und würden dazu führen, dass man ein Lebensmittel viel länger essen kann.

Ist das MHD völlig überflüssig?

Ja!

Nach allem, was bisher zusammengetragen wurde, stellt sich die Frage, ob das Mindesthaltbarkeitsdatum eigentlich völlig überflüssig ist. Aus Sicht der Genießbarkeit lautet die Antwort auf die Frage ganz deutlich : Ja - mit ein paar Ausnahmen! Das MHD kann man meistens und bei den meisten Lebensmitteln völlig ignorieren. (Zu den beiden Ausnahmen mehr am Ende dieses Abschnitts.)

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erklärte dazu 2014 in einer Broschüre ([6a], S. 16):

"[bei der Weitergabe von Lebensmitteln nach ihrem MHD ...] sollte auf Folgendes geachtet werden:
  • Keine Auffälligkeiten bei Überprüfung des Aussehens, der Farbe und des Geruchs,
  • Zeitraum des Überschreitens des MHD ist im Verhältnis zur Gesamthaltbarkeitsdauer gering und die
  • Kühlkette wurde nicht unterbrochen."

und erläutert:

"Wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum eines Lebensmittels überschritten ist, so muss das klar und allgemein verständlich kenntlich gemacht werden. Die Ware darf jedoch weiterhin in den Umlauf gebracht werden, wenn sich das Unternehmen, das die Ware abgibt, davon überzeugt hat, dass das Lebensmittel sicher ist."

Der zweite Punkt ("Zeitraum ...") zeigt, dass das BMEL damals noch nicht ganz über seinen Schatten springen (bzw. aus dem des MHD heraustreten) konnte. Das Wort "gering" ließ aber schon damals sehr viel Spielraum, und die "Gesamthaltbarkeitsdauer" ist gar nicht feststellbar, wenn man das Herstellungsdatum nicht kennt.

In der Neuauflage der Broschüre von 2020 ([6b], S. 16) ist dieser Absatz ersatzlos weggefallen!

Allerdings gibt es dazu 3 verschiedene "Aber", die man nicht übersehen sollte.

Aber!

Das Mindesthaltbarkeitsdatum und die eventuell mitgelieferten Zusatzangaben weisen auf 3 Dinge hin, die bei der Weitergabe von Lebensmitteln nach dem MHD sehr wohl wichtig sind:

  1. Die Überprüfung des Aussehens, der Farbe und des Geruchs ist unverzichtbar (Auge-Nase-Mund-Test) - soweit das ohne Öffnen einer Verpackung möglich ist. Artikel 14 der VO EG 178/2002 legt dies fest: "Lebensmittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden." ([7], Art. 14 (1)) Die übrigen Absätze von Artikel 14 beschreiben, wie man die Sicherheit eines Lebensmittels feststellt.
  2. Falls zusätzlich Aufbewahrungsbedingungen angegeben werden, dann sind diese wichtig für die Sicherheit des Lebensmittels (während das MHD selbst nicht relevant ist).
    • Wenn die Bedingungen nicht eingehalten werden konnten, dann kann das Lebensmittel gesundheitsgefährlich sein. ([1], Art. 2 (2) r) in Verbindung mit [7], Art. 14 (2)a, (5) und (7))
    • Dabei sind die Bedingungen nicht immer nur die eingehaltene Kühlkette! Anforderungen können auch sein, dass ein Lebensmittel trocken, lichtgeschützt, ungeöffnet oder verschlossen aufbewahrt wird. Nach dem Öffnen der (innersten) Verpackung zum Beispiel ist die Haltbarkeit eines Lebensmittels mit MHD meist erheblich kürzer.
  3. Bei Lebensmitteln mit überschrittenem MHD muss deutlich darauf hingewiesen werden. Das geschieht am besten schriftlich durch ein Plakat am Übergabeort oder sogar eine Aufschrift auf der Verpackung; die mündliche Information reicht auch, wenn man das Lebensmittel persönlich übergibt. ([1], Art. 4 (1) b) ii))

Die Ausnahme vom "Ja, die meisten Lebensmittel"!

Es gibt dann doch eine Art von Lebensmitteln, bei denen das MHD etwas ernster zu nehmen ist; nämlich gekühlte Fertiggerichte und zubereitete Gerichte, z.B. gefüllte Teigwaren, Frikadellen, Fertig-Salate oder vorverpackte Mischsalate (siehe u.a. [9]). Wenn Lebensmittel zum fertigen Verzehr zubereitet wurden - also etwa gekocht, kalt gemischt oder auch nur geschnitten - dann sind sie meistens nicht allzu lange haltbar; und die sensorische Überprüfung gelingt nicht sehr gut:

  • Erstens kommen oft Komponenten zusammen, die sich gegenseitig beeinflussen, zum Beispiel saure Zutaten (Essig, Sahne) mit empfindlichen Gemüsestücken oder Öl und Gewürze mit Fleisch. Dadurch können einzelne Komponenten schneller verderben.
  • Zweitens erhält zum Beispiel Gemüse beim Schneiden eine größere Oberfläche, vor allem aber offene, ungeschützte Schnittflächen. Dadurch können sehr viel schneller Mikroorganismen eindringen.
  • Drittens sind in solchen Lebensmitteln oft mehrere Geschmacks- und Geruchsnoten vereint, so dass ein starkes gutes Aroma einer Zutat den auf Verderb hinweisenden Geruch einer anderen Zutat überdecken kann. - Es kann auch vorkommen, dass eine Zutat eigentlich ein Verbrauchsdatum hatte, weil es geruchlose oder geruchsarme Giftstoffe produzieren kann. Wenn das erhitzte Fertigprodukt dann länger haltbar als die Ausgangszutat ist und nur ein MHD hat, dann kann diese Zutat trotzdem bald kritisch werden. Zum Beispiel hat Hackfleisch ein Verbrauchsdatum, aber eine gebratene Frikadelle nur ein MHD. - Die Folge ist: der Auge-Nase-Mund-Test kann nicht sicher feststellen, dass dieses Lebensmittel genießbar ist.

Die Ausnahme vom "Ja, meistens"!=

Es ist ja hinlänglich bekannt, dass viele Lebensmittel noch lange nach ihrem Mindesthaltbarkeitsdatum völlig unbedenklich genießbar sind. Bei einem Joghurt zum Beispiel kann allmählich etwas Flüssigkeit (Wasser und Molke) austreten oder die Farbe der Fruchtmischung durchscheinen, aber es ist trotzdem noch genießbar.

Die Haltbarkeiten verschiedener Lebensmittel können aber sehr weit auseinanderliegen. Sie reichen von wenigen Wochen nach der Produktion bis zu Jahren: Frischwurst zum Beispiel verdirbt meist auch bei geeigneter Lagerung im Kühlschrank innerhalb von 1-2 Wochen, Joghurt dagegen kann ein halbes Jahr oder länger halten. Die Haltbarkeit von Trockenware oder Konserven hängt eher von der Haltbarkeit des Verpackungsmaterials ab - d.h. wie lange die Dose, der Plastikbeutel oder der Gummiring im Glasdeckel den Inhalt luftdicht verschließt.

Aber kein Lebensmittel ist ewig haltbar, selbst das langlebigste wird irgendwann verderben. Selbst wenn keine Mikroorganismen und kein Sauerstoff eindringen, selbst wenn die im Lebensmittel vorhandenen Bakterien und Schimmelpilze allen vorhandenen Sauerstoff verbraucht haben ... Wenn eine einzige anaerobe Bakterie (ohne Sauerstoff lebend) das Erhitzen des Lebensmittels überlebt hat, dann kann sie sich in der Packung sehr langsam, aber stetig nach 5 oder 10 oder 20 Jahren zu einem ganzen Stamm vermehrt haben.

Und deswegen: Auch wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum im allgemeinen unwichtig ist - bei einem sehr lange abgelaufenen MHD sollte man aufmerksam werden. Es erzählt einem dann immer noch nicht, wann das Lebensmittel schlecht wird, aber es sagt einem immerhin, wie alt es (mindestens) ist.
Was sehr lange bedeutet, ist stark von dem Lebensmittel abhängig. Man kann nur Faustregeln geben (alle für ungeöffnete Verpackungen!):

  • frische Fleisch- und Wurstwaren (nicht geräuchert) und Milch - sehr unterschiedlich: 1-2 Tage bis mehrere Wochen
  • fermentierte / vergorene Milchprodukte mehrere Monate
  • Trockenwaren mit leichten Verpackungen (Plastik, Papier) 1-2 Jahre
  • Konserven (Dosen, Gläser) 2-10 Jahre, je nach Qualität des Deckels

Für Getränke gibt es ebenfalls große Unterschiede:

  • in Plastikflaschen 3-6 Monate, in Glasflaschen sehr viel länger
  • Bier 6-12 Monate, Wein zwischen 2 und 10 Jahren

Die Liste ist natürlich nicht vollständig.

Deswegen der Rat zum Schluss: Man sollte bei der Beurteilung der Genießbarkeit eines Lebensmittels mit MHD dieses Datum anschauen - und es immer dann ignorieren, wenn es noch nicht sehr lange vorbei ist; statt dessen das Lebensmittel mit seinen Sinnen überprüfen. Wenn das MHD aber lange vorbei ist - dann sollte man das Lebensmittel besonders sorgfältig mit seinen Sinnen überprüfen.

Verbrauchsdatum

Auf einigen Lebensmitteln steht ein Verbrauchsdatum (VD). Es sollte auf keinen Fall mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) verwechselt werden, das im Allgemeinen eher unwichtig ist. Denn im Gegensatz dazu ist das Verbrauchsdatum eine wichtige Information zur Verzehrfähigkeit eines Produkts. Sie zu ignorieren, kann sehr gefährlich sein.

Was ist das Verbrauchsdatum ?

Das Verbrauchsdatum muss angegeben werden mit der Bezeichnung "Zu verbrauchen bis: <Datum>" (oder einem Hinweis darauf, wo das Datum steht). Außerdem müssen die erforderlichen Lagerbedingungen für das Produkt angegeben werden. Das ist meistens vor allem die Lagertemperatur. Wenn diese Bedingungen nicht eingehalten werden, dann kann das Lebensmittel schon vor dem Verbrauchsdatum schlecht werden.

Übrigens: Für das Verbrauchsdatum wird oft auch der Begriff Verfallsdatum verwendet. Er ist zwar von der Wortbedeutung her durchaus zutreffend, bezeichnet aber eigentlich etwas anderes, nämlich die Verwendbarkeit von Arzneimitteln.

Das Verbrauchsdatum - ein Mindesthaltbarkeitsdatum Stufe 2 ?

Das Verbrauchsdatum wird - ebenso wie das Mindesthaltbarkeitsdatum - durch die Lebensmittel-Informationsverordnung der EU vorgeschrieben, und alle Festlegungen dazu stehen gemeinsam mit denen für das Mindesthaltbarkeitsdatum, und es muss auch in derselben Form angegeben werden wie das Mindesthaltbarkeitsdatum.

In Art. 24 (1) steht:

"Bei in mikrobiologischer Hinsicht sehr leicht verderblichen Lebensmitteln, die folglich nach kurzer Zeit eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen können, wird das Mindesthaltbarkeitsdatum durch das Verbrauchsdatum ersetzt." ([1])

Das erweckt den Eindruck, dass beide Datumsangaben eng verwandt sind und nur verschiedene Fälle oder Stufen von Haltbarkeit darstellen. Dieser Eindruck ist jedoch völlig falsch. Die beiden Datumsangaben haben in Wirklichkeit fast nichts miteinander zu tun.

Das Verbrauchsdatum ist wichtig! Das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht.

Der wichtigste - und auffälligste - Unterschied zwischen den beiden Angaben ist: die eine davon weist auf eine reale Gefahr durch eventuell verdorbene Lebensmittel hin - die andere dagegen nicht.
Wenn es darum geht, ob ein Lebensmittel noch verzehrbar ist, dann ist das Verbrauchsdatum sehr wichtig, das Mindesthaltbarkeitsdatum dagegen nahezu nutzlos (oder etwas freundlicher ausgedrückt: weitgehend überflüssig).
Wer genau liest, sieht das schon in der bereits zitierten EU-Verordnung. Dort steht nämlich:

"Nach Ablauf des Verbrauchsdatums gilt ein Lebensmittel als nicht sicher im Sinne von Artikel 14 Absätze 2 bis 5 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002." ([1], Anh. X. 2a-c))

In der VO Nr. 178 steht dann unter anderem:

"Lebensmittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden."([7], Art. 14 (1))

Dabei wird auf die Verordnung Nr. 178 nur im Zusammenhang mit dem Verbrauchsdatum verwiesen, aber nicht beim MHD. Es wird also deutlich, dass das MHD mit der "Sicherheit von Lebensmitteln" (d.h. der sicheren Verzehrbarkeit) nichts zu tun hat. (Vgl. auch z.B. [10] und [11].)

Das MHD ist eine Angabe darüber, ob ein Lebensmittel seine "spezifischen Eigenschaften behält" ([1], Art. 2 (2) r)). Es bezieht sich also auf Qualitätsstandards und gibt an, wie lange ein Lebensmittel bestimmte Anforderungen an Geschmack, gutes Aussehen, guten Duft und andere erfüllt, letztendlich also festgelegten Ansprüchen genügt; oder anders herum ausgedrückt: wann es es diesen Schönheitsidealen nicht mehr entspricht.
Bei dem VD dagegen geht es um die Verzehrbarkeit - oder anders herum ausgedrückt: um Gesundheitsgefährdung. Während man das MHD also getrost ignorieren kann (von Ausnahmen abgesehen, siehe oben), ist die Beachtung des VD quasi lebenswichtig.

Welche Lebensmittel haben ein Verbrauchsdatum, und warum ?

Für fast alle Lebensmittel ist die Angabe eines Verbrauchsdatums nicht vorgeschrieben. Die Hersteller können sich für jedes ihrer Produkte zwischen einem VD und einem MHD entscheiden.
Verpflichtend ist die Angabe eines Verbrauchsdatums nur für Vorzugsmilch (Rohmilch) und für Geflügelfleisch ([13], §17 (2) 4; [14], Art. 5 (3)). Üblicherweise steht ein Verbrauchsdatum auch auf (Liste von [15]):

  • Hackfleisch oder anderem zerkleinerten Fleisch, frischer Bratwurst
  • anderen frischen Fleischprodukten
  • geräuchertem Fisch
  • Feinkostsalaten, bereits geschnittenen Salaten

Warum gibt es keine allgemeine Festlegung ?

Es gibt keine allgemeingültige Festlegung oder genauere Ausführung, welche Lebensmittel "in mikrobiologischer Hinsicht sehr leicht verderblich" sind und folglich ein Verbrauchsdatum benötigen. Die Entscheidung liegt in jedem Einzelfall beim Hersteller eines Lebensmittels.
Das Schweizerische Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen gibt eine Erklärung dazu: "Die Wahl von Verbrauchs- oder MHD-Datierung hängt von der konkreten Rezeptur und dem Herstellverfahren bzw. dem damit verbundenen Haltbarkeitsrisiko ab." ([12]) Ähnlich äußert sich das deutsche Bundesministerium ([10]).

Bei was für Lebensmitteln ist das Verbrauchsdatum sinnvoll?

Entscheidende Anlässe für die Vergabe eines VD statt eines MHD sind,

  • wenn in einem Lebensmittel Giftstoffe entstehen oder Mikroorganismen wachsen können, die für die menschliche Gesundheit gefährlich oder sogar lebensgefährlich sind (kluge Beschreibung der Schweizer Regierung, wenn auch kein Gesetz mehr: [16], 2.2).
  • wenn man diese Stoffe oder Mikroorganismen von außen nicht bemerken kann (Auge-Nase-Mund-Test). Ein VD steht meist auf Lebensmitteln, bei denen geruchslose Giftstoffe entstehen oder Mikroorganismen keine Änderung der Farbe oder der Textur (Festigkeit, Oberflächenrauhheit, Feuchtigkeit u.ä.) hervorrufen.
  • wenn das Lebensmittel vergleichsweise schnell verdirbt
  • wenn das Lebensmittel nur unter besonderen Lagerbedingungen überhaupt essbar erhalten werden kann (niedrige Kühltemperatur oder sogar gefroren)

Was mache ich mit Verbrauchsdatums-Lebensmitteln ?

Wenn ein Lebensmittel ein Verbrauchsdatum hat, dann muss man ganz besonders aufmerksam und vorsichtig damit umgehen.

Was ist wichtig bei VD-Lebensmitteln?

Bei Lebensmitteln mit Verbrauchsdatum gibt es 4 wichtige Dinge zu beachten.

  1. Nach Ablauf: Nach dem Verbrauchsdatums sind die Lebensmittel mit hoher Wahrscheinlichkeit ein gefährliches Gift! Sie müssen dann auf jeden Fall entsorgt werden.
  2. Kühlkette: Bei diesen Lebensmitteln muss ununterbrochen die Kühlkette eingehalten werden, d.h. die Lebensmittel müssen permanent entsprechend der Angaben auf ihrer Verpackung kühl gelagert werden (Ausnahme: kurzer Transportweg, siehe Hygieneregeln B1b)). Ist das nicht gewährleistet, dann dürfen sie nicht weitergegeben werden.
  3. Auge-Nase-Mund-Test: Die Überprüfung mit den Sinnen funktioniert nicht! Man kann und darf sich keinesfalls darauf verlassen, was einem die Sinne sagen. Am besten lässt man sie einfach, denn sie kann einen höchstens irreführen.
  4. Verpackung offen: Wenn bei einem Verbrauchsdatums-Lebensmittel die Verpackung offen oder beschädigt ist, dann können noch schneller Mikroorganismen eindringen. Das Lebensmittel kann dann schon früher schlecht werden, d.h. noch vor dem Verbrauchsdatum.

In allen diesen Fällen dürfen die Lebensmittel auf keinen Fall weitergegeben oder als Zutat für die Zubereitung einer Speise verwendet werden, die dann weitergegeben wird. Man selbst sollte sie ebenfalls nicht mehr verwenden, sondern einfach entsorgen.

Verbrauchsdatums-Lebensmittel konservieren durch Einfrieren

Die meisten Lebensmittel mit Verbrauchsdatum können eingefroren werden und dann auch über das Verbrauchsdatum hinaus aufbewahrt werden ([18]). Wichtig dabei ist ([17]):

  • Das Lebensmittel muss überhaupt zum Einfrieren geeignet sein (siehe die ausführlichen Tipps).
  • Das Lebensmittel muss vor dem Verbrauchsdatum eingefroren werden.
  • Tiefgekühltes Fleisch hält nur eine gewisse Zeit (siehe unten: Einfrierdatum)
  • Bei Fleisch muss die Auftauflüssigkeit weggegossen werden (Salmonellengefahr).
  • Das Lebensmittel muss nach dem Auftauen sofort durcherhitzt und sofort verbraucht werden.
  • Auf den Packungen stehen manchmal besondere Hinweise zum Einfrieren und Auftauen, die man beachten sollte.

Die Überschreitung des Verbrauchsdatum ist also doch nicht in jedem Fall das Ende der Verwendbarkeit. Man kann dem Verbrauchsdatum ein Schnippchen schlagen, wenn man rechtzeitig daran denkt. Wenn man aber Lebensmittel erst nach ihrem Verbrauchsdatum erhält (oder im Kühlschrank wiederfindet), dann ist leider nichts mehr zu retten.


Besondere Datumsangaben

Neben dem Mindesthaltbarkeitsdatum und dem Verbrauchsdatum gibt es noch ein paar weitere Angaben, die in bestimmten Fällen vorkommen bzw. vorgeschrieben sind. Um einen möglichst vollständigen Überblick zu bekommen, sollen sie hier kurz beschrieben werden.
Für die Verzehrbarkeit von Lebensmitteln ist nur das erste Datum in der Liste relevant, das Einfrierdatum. Die anderen Datumsangaben haben andere Zwecke und zielen auf die Erhaltung von Qualitätsanforderungen, genau wie das Mindesthaltbarkeitsdatum.

Einfrierdatum

Das Datum des (ggf. ersten) Einfrierens ist vorgeschrieben für "eingefrorenes Fleisch, eingefrorene Fleischzubereitungen und eingefrorene unverarbeitete Fischereierzeugnisse" ([1], Anh. III 6. und Anh. X 3 sowie Art. 24, Überschrift).

Denn Fleisch- und Fisch-Produkte können auch im tiefgefrorenen Zustand nicht unbegrenzt aufbewahrt werden. Nach einiger Zeit beginnt das enthaltene Fett sich zu zersetzen, so dass das Lebensmittel ranzig wird und von den meisten Menschen nicht mehr als wohlschmeckend empfunden wird.
Eine gesundheitliche Gefährdung besteht allerdings nicht, da die Mikroorganismen sich bei Temperaturen unter 0°C nicht weiter vermehren.

Die Aufbewahrungsdauer ist abhängig von Fleischsorte, Fettgehalt und Gefriertemperatur. Für eine Temperatur von -18°C kann man ungefähr folgende Lagerdauern annehmen (Zeitspanne für mageres bis fettes Fleisch):

Rindfleisch - 9-12 Monate;
Schweinefleisch - 4-8 Monate;
Hackfleisch - 1-3 Monate
Hähnchen - 8-10 Monate
(Quelle: [17])

Bei weniger tiefen Gefriertemperaturen verkürzen sich die Lagerzeiten.

Verkaufsdatum, Legedatum und Kühldatum

Diese 3 Datumsangaben existieren (bzw. existierten) in der europäischen Union verpflichtend ausschließlich bei Eiern. Sie kommen aber gelegentlich bei anderen Lebensmitteln als freiwillige Zusatzangabe vor. Im englisch-sprachigen Raum ist zum Beispiel die “shelf life”-Angabe in der Form “Display until ...” recht verbreitet.
Für rohe Eier ist - als einziges Lebensmittel überhaupt - ein maximales Mindesthaltbarkeitsdatum festgelegt, nämlich auf 28 Tage ([19], Art. 13). Darauf beziehen sich die anderen 3 Datumsangaben.

Das Verkaufsdatum wird nicht explizit auf der Packung angegeben, sondern muss berechnet werden. Rohe, verpackte Eier dürfen maximal 21 Tage nach dem Legedatum verkauft werden ([20], Anh. III Abschn. X Kap. I 3.; [13], §22 (3)), ausgenommen bei direktem Verkauf durch den Erzeugerbetrieb an Privatpersonen. Das maximale Verkaufsdatum bestimmt man daher als 7 Tage vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum (oder aus dem Legedatum, falls es angegeben ist).
Dabei wird auch deutlich, dass das Verkaufsdatum nichts mit der Genießbarkeit der Eier zu tun hat. Es soll dazu dienen, dass Eier nach dem Kaufen noch mindestens 7 Tage lang unveränderte Qualität behalten.

Das Legedatum anzugeben, ist allgemein nicht verpflichtend. Wenn die Eier aber auf der Verpackung als "extra" oder "extra frisch" bezeichnet werden, dann dürfen sie nur bis zu 9 Tage nach dem Legen verkauft werden, und das Legedatum muss angegeben sein ([19], Art. 14).

Das Kühldatum für Eier musste man früher aus dem MHD oder dem Legedatum berechnen, weil Eier "ab dem 18. Tag nach dem Legen bei einer Temperatur von +5°C bis +8°C" aufbewahrt werden mussten, um noch verkauft werden zu dürfen ([13], §20). Die Vorschrift ist 2016 abgeschafft worden, da Eier ja bereits 3 Tage später sowieso nicht mehr verkauft werden dürfen.

Alle 3 Daten beziehen sich nur auf den unmittelbaren Verkauf; Eier dürfen auch danach noch verarbeitet werden. Das ist nach den vorigen Abschnitten dieses Artikels auch ganz klar, denn die Daten liegen alle deutlich vor dem MHD. Sie haben also keine Relevanz für die Verzehrfähigkeit.

Weitere Datumsangaben

Es gibt neben den bisher aufgeführten, verpflichtenden Angaben noch eine ganze Reihe weiterer, die für besondere Produkte oder in besonderen Situationen freiwillig von den Herstellern angegeben werden können. Zum Beispiel steht auf Weinflaschen meist (aber nicht immer) ein Abfülljahrgang, auf anderen Getränken manchmal ein Abfülldatum, und bei gebrannten alkoholischen Getränken kann ein Destillierdatum angegeben sein.
Der Fantasie für freiwillige Angaben sind natürlich keine Grenzen gesetzt - und sie können ja auch oft für spezielle Produkte interessante Informationen geben. Wer weiß, was wir noch alles entdecken können: ein Räucherdatum vielleicht, ein Fangdatum für frische Fische, ein Einlegedatum oder ein Fermentierungsdatum?


Quellen

[1] Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 - Lebensmittel-Informations-Verordnung (LMIV)

[2] Verordnung SR 817.02 (Schweiz) - Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV)

[3] Deutsches Lebensmittelbuch, abgerufen am 22.11.2020

[4] Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission: Leitsätze aus den Fachausschüssen, abgerufen am 22.11.2020

[5] Deutsches Lebensmittelbuch, Leitsätze für Obsterzeugnisse, abgerufen am 22.11.2020

[6a, 6b] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Leitfaden für die Weitergabe von Lebensmitteln an soziale Einrichtungen - Rechtliche Aspekte, Ausgaben Oktober 2014 bzw. August 2020

[7] Verordnung (EG) Nr. 178/2002

[8] DIN-10968 - Ermittlung und Überprüfung der Mindesthaltbarkeit von Lebensmitteln, Dezember 2003; inzwischen auch eine internationale Version als ISO 16779.

[9] Bundeszentrum für Ernährung, Lebensmittelverderb erkennen, abgerufen am 13.12.2020



Artikel von:   AG Hygiene - Austausch und (Fach)Wissen   (Kontakt)
Letzte Überarbeitung am 24.12.2020